Tipps für die Krise #2 – Atmen
TIPPS FÜR DIE KRISE #2 – ATmen
Hier kommt der versprochene zweite KRISEN-TIPP, dieses Mal zum Thema Atmung. Auch diesen Tipp gibt es als pdf-Datei zum Ausdrucken.
ATMEN SIE! ATMEN VERBINDET UNS MIT DEM KÖRPER. ATMEN BERUHIGT UND ENTSPANNT.
Gerade in Momenten von Angst und Panik fühlt es sich an, als wären wir überhaupt nicht mehr in der Lage, uns selbst zu verstehen oder zu regulieren. Unser Körper steuert sich zu einem ganz großen Teil selbst und vor allem automatisch. Wir haben – im Grunde genommen – zwei ineinander verwobene, aber unterschiedliche Nervensysteme: Das „Zentrale Nervensystem“ (ZNS), mit dem wir bewusst handeln und planen können und das „Autonome oder vegetative Nervensystem“ (VNS), mit dem unser Körper sich selbst reguliert.
Die Vorgänge im autonomen Nervensystem können wir nicht bewusst und aktiv steuern. Das betrifft zum Beispiel Herzschlag, Körpertemperatur, Hormone und unser Immunsystem. Dabei beeinflusst das VNS immer auch unsere Gedanken und Gefühle. Und das ist im Normalfall gut so. Aber wenn unser Körper in Angst gerät, kann es sinnvoll sein, auch auf das vegetative Nervensystem einzuwirken.
Und die beste Schnittstelle, zwischen Geist und Körper ist der Atem. Wenn Sie nicht daran denken, atmen Sie automatisch. Aber Sie können den Atem auch bewusst regulieren.
Wer den längeren Atem hat, der lebt gesünder und der hält länger durch. Wenn wir auf eine gute, ruhige Weise atmen, beeinflussen wir sowohl das Zentrale Nervensystem als auch den autonomen Teil unseres Körpers. Das liegt an den vielfach verwobenen Feedback-Systemen unseres Körpers. Der Atem ist die Brücke zu einem ruhigen Geist und einem ruhigen Körper.
In allen Kulturen dieser Welt gab es Atemübungen und Sie können einige davon ausprobieren und nutzen. Das ist vielleicht eine der „neuen Fähigkeiten“, die Sie in der Krise lernen können.
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EIN- UND AUS
Das ist die einfachste Übung. Und Sie kennen sie eigentlich schon. Bereit? Dann los:Atmen Sie 3x tief durch die Nase ein, und durch die Lippen aus. Achten Sie darauf die Schultern locker zu lassen und beobachten Sie, ob sich beim Atmen die Bauchdecke bewegt. Dann ist es richtig. Nun beobachten Sie für ein bis zwei Minuten lang den eigenen Atemrhythmus Ihres Körpers. Erzwingen Sie nichts, lassen Sie ihrem Körper sein eigenes Tempo und es ist für den Moment egal, wie tief Sie atmen. Beobachten Sie nur, spüren Sie das Einatmen, spüren Sie das Ausatmen. Wenn irgendwelche Gedanken auftauchen, dann lassen Sie sie für einen Moment los und beobachten wieder ihre Atmung. So einfach kann das sein.
Halten Sie diese achtsame Aufmerksamkeit für den Atem-Fluss einige Minuten aufrecht und schon kommen Sie ein wenig mehr zur Ruhe.
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4 + 7 + PAUSE
Die nächste Übung führt noch mehr als die letzte zur Ruhe. Sie nutzt neben dem Körper auch den Kopf. Wenn Sie während des Atmens zählen, dann fokussieren Sie Ihre Gedanken für eine Weile weg von den Sorgen und Ängsten und können dadurch noch besser zur Ruhe kommen.
Auch hier gilt, dass Sie am besten durch die Nase einatmen und die Luft durch die nur leicht geöffneten Lippen ausfließen lassen. Die Lippen dabei ruhig ein wenig anspannen (oder wie ein Pferd schnauben). Das hilft, Zwerchfell und Rippenmuskeln locker zu lassen. Probieren Sie ruhig, auch die anderen Muskeln Ihres Körpers ein wenig mehr los zu lassen. Bereit?
– Atmen Sie ein und zählen dabei langsam bis Vier.
– Atmen Sie aus durch die leicht geöffneten Lippen aus und zählen dabei langsam bis Sieben
(oder weiter, bis alle Luft leicht und wie von selbst ausgeflossen ist).
– Dann warten Sie, bis Ihr Körper nach 2-3 Sekunden von alleine den nächsten Atemzug beginnt.Halten Sie diesen Atemzyklus für 2 – 3 Minuten aufrecht.
Im Zustand von Ruhe, Gelassenheit, Entspannung oder auch im Schlaf atmet der Körper von ganz alleine in diesem 3er-Takt. Und das können wir nutzen. Die kleine „Pause“ in dieser Übung ist es, die den Körper daran erinnert, zur Ruhe zu kommen, während das Zählen den Gedanken zur Ruhe verhilft.
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4 X 4 – ATMUNG.
Auch diese Übung nutzt das Zählen um die Gedanken zu fokussieren. Ein kleiner „Fun-Fact“ am Rande ist die Tatsache, dass diese Atemtechnik bereits in sehr alten indischen Schriften erwähnt wird, während heute die amerikanischen Elite-Soldaten der Navy Seals die gleiche Übung als „Block-Atmung“ lernen, um einen klaren und ruhigen Geist zu erreichen.
Also …
– Atmen Sie durch die Nase ein und zählen dabei bis Vier.
– Halten Sie die Luft an, während Sie wieder bis Vier zählen.
– Lassen Sie die Luft langsam durch die leicht geöffneten Lippen ausfließen und zählen bis Vier.
– Halten Sie wieder die Luft an (oder besser aus), während Sie bis Vier zählen.Wenn Ihnen der Zyklus zu lang erscheint, können Sie auch mit 3 x 3 üben. Führen Sie die Übung für zwei bis drei Minuten weiter und beobachten Sie danach, wie sich Ihr mentaler und emotionaler Zustand verändert. Manche indischen Yogis schlagen vor, die Zählung über die Wochen langsam zu steigern, also 5 x 5 – Atmung, 6 x 6 – Atmung und so weiter. Auf diese Art erwerben Sie sich buchstäblich einen „langen Atem“.
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YOGA, TAI-CHI, GONG-FU, …
Sie kennen eine Atem-Übung schon aus Ihrem üblichen Training? Das ist super. Greifen Sie darauf zurück. Wie schon in TIPP #1 gesagt, ist sinnvoll, sich auf bewährte Fähigkeiten zu konzentrieren, oder sie wieder aufzugreifen.
Es gibt so viele Atem-Übungen auf dieser Welt, niemand kennt alle. Aber einige Meta-Studien, die ihrerseits hunderte von einzelnen Studien zum Thema Atmen ausgewertet haben, kommen zu dem Schluss, dass schon alleine die Konzentration auf 6-8 Atemzüge pro Minute beruhigt und den Geist klärten kann, wenn diese Art der Atmung für ein- bis zwei Minuten durchgeführt wird.
Wer weiß, wenn Sie oft genug üben, kommen Sie eventuell sogar auf eine „normale“ und unwillkürliche Atemfrequenz von 6-8 Hertz.
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APROPOS HER(T)Z
Welche Atem-Übung Sie auch immer ausprobieren, Sie können Sie intensivieren, indem Sie dabei die Augen schließen und nach einer Weile – wenn Sie sich sicher fühlen in Ihrem Atemrhythmus – an Ihr Herz denken. Stellen Sie sich vor, mit jedem Einatmen besonders Ihr Herz mit Sauerstoff zu versorgen, baden Sie es regelrecht in Sauerstoff, dankbar für die unermüdliche Arbeit, die es für Sie tut. Stimmen Sie sich während des Atems auf Ihr Herz ein, bleiben Sie für eine Weile dabei und Atmung – Herz – und Gehirn werden sich miteinander synchronisieren. Fühlt sich großartig ab.
Ein- und Ausatmen, wie Wellen an einem Strand. Im Atem verbinden wir uns mit der ganzen Welt
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Ausprobieren.
Die nächsten TIPPS kommen in den nächsten Tagen.
Bleiben Sie gesund,
Ihr Gerald Stiehler